Toilettenkonzept

Vorgeschichte

Seit dem 14. Jahrhundert sind öffentliche Toiletten inn Frankfurt belegt. Allerdings erfolgte eine erste Bestandsaufnahme erst im Jahr 1960. Diese blieb, wie die folgenden beiden Bestandsaufnahmen, allerdings auf die durch das Liegenschaftsamt (heute: Amt für Bau und Immobilien, kurz: ABI) betriebenen öffentlichen Toiletten beschränkt. Als 1993 die zweite Bestandsaufnahme erfolgte, stand diese ganz im Zeichen umfassender Sparmaßnahmen. Die Zahl öffentlicher Toiletten (allein in der Hand des Liegenschaftsamtes!) war so hoch wie nie: 80 Standorte wurden damals gezählt. Besonders kostenintensive Standorte sollten geschlossen oder abgerissen werden. 2011 erfolgte eine erneute, dritte Bestandaufnahme zur Überprüfung und Neubewertung der verbliebenen Standorte. Das Liegenschaftsamt zählte nur noch 47 Standorte. 12 Toiletten, die damals als mittel- und langfristig zu erhaltend eingestuft wurden, bestehen noch heute. 17 Toiletten mit Sanierungs- und Handlungsbedarf gleichfalls. Von 18 Toiletten, deren Schließung empfohlen wurde, sind 8 abgerissen und 10 geschlossen (vgl. ABI: Ergebnisbericht, 9-11).

Allerdings wurden bald die Folgen dieser Schließungen deutlich. Der Etatantrag E52 vom 16.03.2018 (CDU, SPD, GRÜNE) bringt sie auf den Punkt: „Der Wunsch nach kostenlosen (oder gegen ein nur geringes Entgelt benutzbare) öffentlichen Toiletten ist in vielen Teilen der Stadt weiterhin ein dringendes Bedürfnis, wie zahlreiche Initiativen verschiedener Ortsbeiräte in den vergangenen Jahren belegen. Der Ortsbeirat 1 beispielsweise fordert seit Jahren öffentlich zugängliche Toiletten im Bahnhofsviertel und am nördlichen Mainufer; zwei Gegenden also, in denen besonders häufig >Wildpinklerinnen< und >Wildpinkler< zu beobachten sind, so dass es den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Besucherinnen und Besuchern dort inzwischen (im wahrsten Sinne des Wortes) >stinkt<, dass dort regelmäßig an die Hauswände oder in die Grünanlagen gepinkelt oder defäktiert wird.“

Daher forderten die Antragstellenden, der Magistrat möge ein Konzept zur Einrichtung öffentlicher Toiletten erstellen, wobei die Priorisierung der vorgeschlagenen Standorte der Stadtverordnetenversammlung obliegen solle. Die Konsequenzen der umfassenden Schließung öffentlicher Toiletten waren sichtbar geworden. Nun sollte die Trendwende erfolgen und zusätzliches Geld für die Ausweitung des städtischen Angebotes investiert werden. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte dem Etatantrag zu (§2600 vom 26.04.2018). So wurde die Entwicklung eines Toilettenkonzeptes im Haushaltsentwurf 2018 (mit Finanzplanung und eingearbeitetem Investitionsprogramm 2018 – 2021) beschlossen.

Die Grundlage für die Priorisierung bestimmter Standorte bei der Ausweitung des öffentlichen Toilettenangebotes sollte auf Grundlage einer vierten Bestandsaufnahme erfolgen, die 2020 durchgeführt, 2021 abgeschlossen und 2022 zusammen mit dem Toilettenkonzept veröffentlich wurde. Der sog. Ergebnisbericht hebt sich in seiner Methodik deutlich von den vorangegangenen Bestandsaufnahmen ab: neben den Toiletten des ABI wurden erstmals auch die Toiletten in Verantwortung des Grünflächenamtes (GFA) mit in den Blick genommen. Nicht allein öffentliche Toiletten wurden erfasst und analysiert, sondern gleichfalls öffentlich nutzbare Toiletten in Privatbesitz (29). Neben geöffneten Anlagen (insgesamt 97) wurden auch geschlossene betrachtet und mögliche Standorte für Neubauten, sodass insgesamt 330 Einzelstandorte in den Ergebnisbericht eingingen. Dabei wurde auch eine Umfrage aus dem Jahr 2017 berücksichtigt, bei der Bürger:innen Wünsche für neue Standorte äußern konnten (FFM.de: Frankfurt fragt mich). Jeder der 330 Standorte wurde eindeutig und einheitlich nummeriert (sog. ABI-ID). 

Toilettenkonzept

Nachdem Jan Schneider (CDU, bis 2021 zuständiger Dezernent) kein Toilettenkonzept vorgelegt hatte, forderten es Ortsbeiräte und Öffentlichkeit immer lauter und eindringlicher ein.

Am 04.11.2022 stellte Sylvia Weber (Dezernentin für Bildung, Immobilien und Neues Bauen) das Toilettenkonzept der Stadtverordnetenversammlung vor (M174). Hier heißt es über die Zielsetzung des Toilettenkonzeptes: „Die Stadt Frankfurt am Main sieht es als ihre Aufgabe an, ein größtmögliches Angebot an sauberen, funktionsfähigen und sicheren öffentlichen Toiletten für die Bevölkerung vorzuhalten. Zudem soll der Betrieb so effizient wie möglich erfolgen und die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit durch Vandalismus und zweckfremde Nutzung so gering wie möglich gehalten werden (Toilettenkonzept, S. 6).“

Nach Beratungen in den Ortsbeiräten, Ausschüssen und der Frankfurter Behindertenarbeitsgemeinschaft (FBAG), wurde das Toilettenkonzept am 02.03.2023 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen (§2950).

Sofortmaßnahmen

Das Toilettenkonzept orientiert sich im Wesentlichen an den Empfehlungen des Ergebnisberichtes. Dem entsprechend sollen

5 Toiletten-Anlagen saniert werden (davon 1 bereits in Umsetzung),

19 neue Anlagen geschaffen werden (davon 1 bereits umgesetzt),

Vertragstoiletten künftig nach dem Prinzip >Nette Toilette< betrieben werden,

öffentlich nutzbare Toilettenangebote ausgeweitet werden,

bestehende Toiletten sichtbarer werden, durch

Ausbau der Verzeichnung im Geoportal

Entwicklung einer App zur Navigation

Ausweisung vor Ort durch Beschilderung.

Allerdings geht das Toilettenkonzept  in einigen Punkten auch über den Ergebnisbericht hinaus. So soll der Betrieb einer Toilette am Bahnhof Höchst sichergestellt werden (vgl. hierzu: OA 182) und 3 weitere Anlagen geschaffen werden, die im Ergebnisbericht nicht vorgeschlagen werden: Bahnhof West, Grüngürtel Höhe Schillerdenkmal, Hafenpark. Darüber hinaus soll die Notwendigkeit und Finanzierbarkeit von Anlagen am Bahnhof Griesheim, in der U-Bahn-Station Ginnheim, im Stadtteil Harheim, und am Friedbergerplatz statt am Matthias-Beltz-Platz geprüft werden.

Entgegen den Empfehlungen des Ergebnisberichtes soll im Bahnhofsviertel neben zusätzlichen Urinalen auch eine Systemtoilette entstehen und die Reaktivierung geschlossener Standorte im gesamten Stadtgebiet geprüft werden, insbesondere in Bahnanlagen der VGF. 

dunkelblau: zu bauen, hellblau: zu prüfen

Prüfungsmaßnahmen

Neben den beschriebenen Sofortmaßnahmen werden im Toilettenkonzept Aspekte beschrieben, die bei der künftigen Planung, Errichtung, Sanierung und Betreibung neuer Toiletten besondere Berücksichtigung finden sollen

Geschlechtergerechtigkeit,

Barrierefreiheit und Belange behinderter Menschen,

Ausbau behindertengerechter Einzel-Unisex-Toiletten,

Veränderung/Verlängerung der Öffnungszeiten nach Bedarf und finanzieller Möglichkeit,

Einsatz von Komposttoiletten,

Ausweitung des Fremdmanagements durch die FES, insbesondere auf die Anlagen des GFA in den 6 Waldspielparks und in den Grünanlagen, sowie in Bahnanlagen der VGF.

Eine besonders gewichtige Frage stellt die Entgeltpflicht öffentlicher Toiletten dar. Dabei orientiert sich das Toilettenkonzept an der grundsätzlichen Entgeltpflicht in festen Anlagen, wie sie im bestehenden Dienstleistungskonzessionsvertrag mit FES vereinbart ist. Allerdings soll die Nutzung auch für Frauen unentgeltlich sein, wo unentgeltliche Urinale bestehen. Mobile Toiletten sollen weiterhin unentgeltlich bleiben.

Zudem wird der Magistrat beauftragt alle zwei Jahre eine Auswertung über Deckung des Bedarfs durch vorhandene Toilettenstandorte vorzunehmen. Auch die Zuständigkeit innerhalb der Stadt soll klarer werden. So soll das GFA künftig nur noch für Anlagen in Friedhöfen und Waldspielparks zuständig sein. Die Schnittstellen des ABI mit VGF und DB sollen geordnet werden.

Kosten

Für die Sanierung bestehender und Schaffung neuer Toiletten-Anlagen werden einmalige Kosten in Höhe von 17.912.400€ veranschlagt, für den Betrieb aller öffentlichen Toiletten jährliche Kosten von 4.302.819€. Damit entsteht ein Mehrbedarf von 1.150.000€ pro Jahr, über die gegenwärtigen Ausgaben für öffentliche Toiletten hinaus.

Kostenaufstellung aus Toilettenkonzept, 8.
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